Grundsätze guter Führung: #4 Treffe Entscheidungen

07. Jul 20

Entscheidungen zu treffen ist eine der wichtigsten Daseinsberechtigungen für Führung.

Reinhard Sprenger unterscheidet in seinen Publikationen zwischen Wahl und Entscheidung - und das ist eine gute Unterscheidung.
Bei einer Wahl kennen wir die Auswahlkriterien. Wir können sie auflisten, bewerten, gewichten und schließlich die Alternative auswählen, die am meisten Punkte hat. Eine solche Wahl ist für Teams geeignet, man braucht hierfür nicht unbedingt Führungskräfte.
Von einer Entscheidung sprechen wir dann, wenn die Auswahlkriterien ungenau sind oder sich widersprechen. Bei einem hohen Maß an Unsicherheit. Wenn beide Alternativen gleich viele negative Folgen haben, die man eigentlich gerne vermeiden möchte. Die klassische Entscheidung zwischen Pest und Cholera also. Diese Entscheidungen werden üblicherweise von Führungskräften getroffen. Nicht weil sie das besser könnten, sondern weil genau das von Führungskräften erwartet wird.


Es gibt zum Zeitpunkt der Entscheidung keine guten oder schlechten Entscheidungen

Dabei sollte eines klar sein: Entscheidungsalternativen sind zum Zeitpunkt der Entscheidung alle gleich gut oder schlecht. Wir können erst nach einiger Zeit sagen, ob es eine gute oder schlechte Entscheidung war, nicht aber zum Zeitpunkt der Entscheidung. Wir können ja im echten Leben nicht eine Entscheidungsalternative ausprobieren, erschrocken vom Erreichten zurückweichen, das Leben zurückspulen und uns dann für die andere Alternative entscheiden. Wir können die Weiche nur einmal in eine Richtung stellen.

"An den Entscheidungspunkten stehen keine Wegweise"

frei nach Charlie Chaplin

Das zeigt dann auch, was Führungskräfte bei Entscheidungen zuallererst brauchen: Mut! Und das ist auf gleich der Grund, warum Entscheidungen so oft hinausgezögert werden.


Der richtige Zeitpunkt für eine Entscheidung

Ein Handlungsextrem ist, eine wichtige Entscheidung solange hinauszuzögern, bis sie nicht mehr nur wichtig ist, sondern auch hochdringend ist. Dann kommt zum Druck der eigentlichen Entscheidung auch noch Zeitdruck und manchmal sogar ein Ressourcenengpass dazu und verkomplizieren die Entscheidungsfindung. Sie sitzen in der Dringlichkeitsfalle.

Das zweite Handlungsextrem ist, Entscheidungen schon dann zu treffen, wenn noch gar nicht ganz klar ist, ob und wann das zu entscheidende Ereignis überhaupt eintreten wird. Dann erzeugt man vielleicht gar nicht notwendigen Aufwand und Unruhe. Seien Sie also eher besonnen als hyperaktiv.

Ach ja, dann gibt es noch das „Aussitzen“: Gar nichts tun und schauen, was passiert. Das sollte eigentlich keine echte Alternative sein, weil man in eine reaktive Lage gerät. Man überlässt die Entscheidung dem Zufall, dem Karma oder wie immer man es nennen mag. Ist eigentlich nur in lebensbedrohenden Extremsituationen oder in der Politik vertreten. Komisch, dass das hier zusammen genannt werden muss… Aber: Keine gute Alternative für eine Unternehmenssituation.

"Kannst du dich nicht zwischen zwei Dingen entscheiden, dann wirf eine Münze. Gefällt dir nicht, wie sie gefallen ist, so weißt du, was du willst."

Martin Alexander in "Der Meister der Türme"

Auswirkungen von Nichtentscheidungen oder zu frühen Entscheidungen

Aus Sicht der Mitarbeitenden wird sowohl das Nichtentscheiden als auch der hyperaktive Ansatz als elementare Schwäche der Führungskraft angesehen. Beides erzeugt sehr viel Unmut und kostet Kraft und Nerven. Das Nichtentscheiden führt meist dazu, dass verloren gegangene Zeit irgendwie aufgeholt werden muss. Und wenn man jede sich andeutende „Entscheidungssau“ durchs Unternehmen jagt, erzeugt man Unruhe und sorgt dafür, dass der Fokus auf falsche Themen gerät.


Von der Fliegerei lernen

In der Fliegerei lernt man ganz gut, wann man eine Entscheidung zu treffen hat. Kein Pilot wird jemals nur auf die Ankündigung einer Schlechtwetterfront auf der Flugroute reagieren. Dann hätte er Zeit und Kosten verschwendet, ohne damit einen Sicherheitsgewinn erkauft zu haben.
Und kein Pilot wird solange warten, bis die Schlechtwetterfront entstanden ist und das Flugzeug hineingeflogen ist. Das wäre ein zu hohes Risiko für das Flugzeug.
Ein guter Pilot registriert die Ankündigung einer Schlechtwetterfront. Er behält die Entwicklung im Auge. Erst wenn sich die Schlechtwetterfront tatsächlich gebildet hat und klar ist, dass der Kurs durch die Front führen würde, sucht er nach einem alternativen Kurs.

Zusammenfassung:

  • Drücken Sie sich nicht vor Entscheidungen - denn entscheiden ist ihr Job als Führungskraft. Nichts drückt gegenüber den Mitarbeitenden mehr Schwäche aus als nicht getroffene Entscheidungen
  • Unterscheiden Sie zwischen Wahl und Entscheidung. Als Führungskraft muss man nicht jede Wahl treffen - wohl aber jede Entscheidung.
  • Es gibt zum Zeitpunkt der Entscheidung keine gute oder schlechte Entscheidung.
  • Treffen Sie die Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt: Es muss bereits klar sein, dass das zu entscheidende Ereignis eintritt. Vermeiden sie die Dringlichkeitsfalle.

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Frank Feldhaus

Über den Autor

Berater für Führung und Organisation.

Ärgert sich über alles was nicht funktioniert. Weiß aber, dass Perfektion schrecklich langweilig ist und dass wir Probleme brauchen, um daran zu wachsen. Ein ewiger Widerspruch...


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