orgacoaching-Basics: 3 Prinzipien für wirkungsvolle Meetings. 2/3: Führe!

12. Aug 21

Im letzten Beitrag haben wir das erste Prinzip für erfolgreiche Meetings durchgesprochen: Die Zielsetzung. Heute gehen wir einen Schritt weiter, das Meeting startet und muss geführt werden. Das zweite Prinzip lautet daher: Führe!

Prinzip #2: Führe!

Sie haben zu einem Meeting eingeladen, haben sehr genau die Zielsetzung erklärt, warum sie wen eingeladen haben und was ihre konkrete Erwartung an jede Teilnehmerin / jeden Teilnehmer ist. Die zur Verfügung stehende Zeit ist ebenfalls klar. Jetzt ist es an Ihnen als Meeting-Owner, dieses Meeting zu einem erfolgreichen Meeting zu machen. Also dafür zu sorgen, dass das definierte Ziel für alle transparent erreicht wird.

Bevor wir uns mit der Phase der Durchführung beschäftigen, sollten wir uns noch mal kurz daran erinnern, dass wir mit dem Meeting ein sehr kraftvolles Werkzeug nutzen wollen. Aber eben auch ein Werkzeug, das einen hohen Preis hat (Arbeitszeit der Anwesenden). Und eines, das potentiell ein hohes Risiko eines Misserfolgs in sich trägt, weil hier Menschen miteinander interagieren - denn nicht alle Menschen haben die Erledigung ihrer Aufgaben als Hauptziel. Es gibt leider genug Menschen in Unternehmen, die hauptsächlich ihrer eigene Darstellung dienen. Und die müssen Sie in so einem Meeting einfangen.

Sie müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Preis des Meetings gut investiert wird und einen höheren Gegenwert erzielt. An dieses Denken können Sie gerne auch mal im Lauf des Meetings erinnern, wenn z.B. eine Diskussion zu zerfasern droht. Es ist immer gut, dies im Hinterkopf zu haben! Achten sie also immer exakt darauf, dass jeder Beitrag auf die Zielsetzung des Meetings einzahlt!


Die Aufwärmrunde

Seien sie als Meeting-Owner mindestens 5 Minuten vor dem Meeting im Besprechungsraum!

Diesen Punkt habe ich lange vernachlässigt - Zeit ist schließlich wertvoll. Bis ich zu einem Kunden kam, bei dem man nicht einfach den Laptop mit allen offenen Präsentationen und Dokumenten am Arbeitsplatz zuklappen und im Besprechungsraum wieder aufmachen konnte. Also: Alle Programme beenden, Laptop zuklappen, in den Meetingraum gehen, Laptop aufmachen, alle relevanten Dokumente und Präsentationen wieder suchen und starten. Das war sehr nervig. 

Aber in diesen 5 Minuten vor dem Meeting war man natürlich nicht lange allein. Und so hat man nebenbei über viele Dinge sprechen können. Warum denn der Lieblingsverein mal wieder am Wochenende verloren hat (das ist für mich als Bremer eher ein doofes Thema), dass Frau Müller heute Geburtstag hat und Herr Meier gestern über eine rumliegende Palette gestolpert ist und sich das Bein gebrochen hat. Lauter so wichtige Dinge eben. Jedenfalls haben wir in diesen 5 Minuten vor dem Meeting immer viel gelacht und damit eine sehr gelöste Atmosphäre hergestellt. Und siehe da: Es kamen auch immer mehr Leute in diesen 5 Minuten vor dem Meeting! Und diese gute Stimmung haben wir komplett ins Meeting nehmen können! Man streitet in einem Meeting schon anders mit Menschen, mit denen man vor 10 Minuten noch herzlich gelacht hat! 

Mit dem Ausbruch von Corona und der Nutzung von Online-Meetings habe ich diese Angewohnheit übrigens weiter geführt, obwohl sie technisch natürlich nicht mehr notwendig war. Und siehe da: Es haben sich nach wie vor immer mehr Teilnehmer etwas früher eingewählt, einfach um vor dem Meeting ein bißchen gute Laune zu tanken und dieses gute Gefühl mit ins Meeting zu nehmen!

Mein klarer Rat also: starten sie 5 Minuten vor der Zeit mit einem lockeren Zusammensein!


Der Start

Starten sie das eigentliche Meeting aber unbedingt pünktlich! Es muss klar sein, dass sie wirklich 15:00 meinen, wenn sie für 15:00 Uhr einladen. Wer zu spät kommt, darf sich gerne einen Spruch einhandeln („schön dass sie es einrichten konnten…“), aber niemand bekommt eine Zusammenfassung des bisher besprochenen.

Starten sie pünktlich mit einer kurzen Überblicksrunde: Was ist das Ziel des Meetings, was steht auf der Agenda (wenn vorhanden), wer hat welche Beiträge und wieviel Zeit steht für die einzelnen Punkte zur Verfügung. Bringen sie sehr klar ihre Erwartungen an das Meeting und die Teilnehmer zum Ausdruck!


Die Uhr

Nutzen sie auf jeden Fall eine gut sichtbare Uhr, am besten eine, die rückwärts läuft und klar anzeigt, wieviel Zeit noch zur Verfügung steht. Ich blende mal ein, was ich meine. Das ist eine mechanische, die richtig laut tickt und die absolut nervtötend klingelt - also genau das, was man braucht, um an verfließende Zeit zu erinnern!

Wenn Sie eine Agenda mit mehreren Beiträgen haben, dann stellen Sie diese Uhr für jeden einzelnen Beitrag - auch und gerade wenn der nur 3 Minuten beträgt. Das trägt wesentlich Disziplin im Meeting bei! Ich erinnere noch mal an das Parkinsonsche Gesetz („Arbeit dehnt sich in dem Maße aus, wie Zeit für sie zur Verfügung steht") und die Sinnhaftigkeit einer Beschränkung von Zeit!


Die Regeln

Ja ich weiß. Ich habe gesagt, dass ich die Poster mit den 10-Meeting-Regeln für wirkungslos halte. Was aber nicht bedeutet, dass ich ein paar Regeln nicht doch für sinnvoll halte. Die Dosis macht halt das Gift.

Da ein Meeting von der Interaktion von Menschen lebt, ist es wichtig, dass diese Interaktion so wirksam wie möglich läuft. Der wesentlichste Baustein dazu ist eine angstfreie Umgebung. Den Punkt hatte ich bereits in meiner kleinen Reihe zur wirksamen Führung. Ohne eine angstfreie Umgebung wird es nicht gelingen, Meetings zu einem wirksamen Instrument zu machen. In einer angsterfüllten Umgebung sind Meetings IMMER eine Farce und wirkungslos. Noch einmal zur Erklärung: Unter einer angstfreien Umgebung verstehe ich eine Umgebung, in der die Teilnehmenden frei Ihre Meinung sagen können, ohne dass sie Angst vor Repressalien haben müssen. Und unter Repressalien verstehe ich auch das Lächerlichmachen von Meinungen. Das ist leider längst nicht in allen Unternehmen zu finden. Und daher aus meiner Sicht der Hauptgrund, warum in einigen Unternehmen Meetings per Definition nicht funktionieren.

Darüber hinaus gibt es einige Grundregeln betrieblicher Kommunikation, die sie beachten sollten: 

  • Kein Fingerpointing. Konzentration auf Lösungen, nicht auf Schuldfrage. Wir wollen Fehler nicht provozieren, aber wenn sie da sind, wollen wir daran wachsen.
  • Kein Lästern über andere (es sei denn es ist liebevoll und humorvoll gemeint und der/die Angesprochene ist anwesend),
  • KZP Komm zum Punkt - keine ausschweifende Monologe halten. Daher ist auch die zeitliche Beschränkung von Meetings so nützlich.
  • Information sind primär Bringschulden

Auch hier sollten sie unbedingt ihre Teilnehmenden einfangen, wenn gegen diese Regel verstoßen wird.

Dann ist eine klare und eindeutige Kommunikation ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Vermeiden sie unbedingt diese Dinge:

  • Passiv-Sätze, weil hier die handelnde Person und damit die Zuständigkeit verschleiert wird.
  • Reden im Konjunktiv (müsste, sollte, könnte…). Probleme werden niemals im Konjunktiv gelöst! 
  • Reden in der dritten Person oder mit unspezifischen Personalpronomen („man, jemand…“). Man und jemand verursachen oder lösen keine Probleme, das tun nur konkrete Personen.
  • Sagen sie keine Sätze mit „eigentlich“. Sie indizieren, dass sie nichts ändern wollen!
  • Besonders schlimm: die Kombination aus diesen Punkten („man müßte eigentlich…“). Das ist der Tod jeglicher Verbindlichkeit!

Unterbrechen Sie sofort die Teilnehmenden, wenn gegen diese Punkte verstoßen wird. Alles andere führt zu unklaren Ergebnissen.


Der Regelverstoß bei ranghöheren Teilnehmenden

Grundsätzlich gilt natürlich, dass sie Verstöße gegen Umgangs- und Kommunikationsregeln sofort ansprechen sollten. Das wird natürlich schwierig, wenn jemand mehr Lametta auf der Schulterklappe hat als sie. Dennoch sollten Sie Verstöße von Ranghöheren nicht einfach so hinnehmen. Wenn sie meinen, ein Hinweis während des Meetings werde als Majestätsbeleidigung verstanden (leider achten manche Führungskräfte immer noch mehr auf ihren Status als auf ihre Wirksamkeit), dann sollten sie Ihre Sicht auf die Dinge aber in einem ruhigen Gespräch unter vier Augen darlegen.  Meist werden sie feststellen, dass keine Absicht dahinter steht und dass die meisten Führungskräfte natürlich ein Interesse an wirksamen Meetings haben und dankbar für Ihre Anregungen sind. Probieren Sie es aus - sie stehen schließlich in der Verpflichtung gegenüber ihrem Chef, ein wirksames Meeting abzuliefern!


Die Beteiligung

Die gleichmäßige, aber kontroverse Beteiligung aller ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Meetings. Schließlich haben sie ja nur Leute eingeladen, die etwas beitragen sollen oder wichtige Informationen mitnehmen sollen. Und wenn ein Beitrag zurückgehalten wird, weil jemand sehr still ist und / oder nicht zu Wort kommt, müssen Sie als Meeting-Owner eingreifen, sonst fehlt ja inhaltlich etwas. Wenn Sie den Eindruck haben, jemand sollte sich zu einem Punkt noch äußern, fördern sie das bitte durch direkte Fragen. 

Und wenn sie es irgendwie steuern können, dann fragen sie „rangniedrigere“ Teilnehmer zuerst. In einigen Unternehmen besteht sonst die Gefahr, dass rangniedrigere nur die Meinung der ranghöheren Teilnehmer replizieren. Kluge Führungskräfte wissen das und halten sich automatisch zurück und lassen erst die anderen ihre Meinung äußern.

Achten Sie auch auf kontroverse Diskussionen und fachliche Auseinandersetzungen. Sie sind wichtig und führen zu qualitativ besseren Lösungen. Unterbinden sie das niemals aus falsch verstandenem Harmoniebedürfnis. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die besten Lösungen die Ergebnisse fachlicher und sachlicher Auseinandersetzungen sind. Je mehr unterschiedliche Sichtweisen auf ein Problem aufkommen, desto größer ist ihr möglicher Lösungsraum, in dem sie dann die richtige Lösung finden. Wenn unterschiedlichen  Ansichten „wegharmoniert“ werden, führt das einfach zu keinen guten Lösungen


Die Ablenkungen

Auf vielen Meeting-Regeln gibt es die Regel „keine Telefonate, keine Laptops“.

Ich habe hier inzwischen eine komplett andere Meinung. 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein aufgeklappter Laptop durchaus nützlich sein kann. Ich habe in den letzten Jahren oft die Situation gehabt, dass wir im Meeting die Expertise eines nicht anwesenden Kollegen benötigten. Das wollte ich dann als offenen Punkt ins Protokoll aufnehmen - und schon sagte eine anwesende Kollegin: Brauchst du nicht aufnehmen, ich habe ihn gerade angechattet und er hat kein Problem mit unserer Lösung. Perfekter gehts doch nicht!

Auch Kolleginnen oder Kollegen, die nur für einen Agenda-Punkt im Meeting sitzen und aus organisatorischen Gründen nicht nur für diesen Punkt ins Meeting kommen wollten, müssen natürlich ihre Zeit im Meeting sinnvoll nutzen. Und so ist es mir lieber, sie sitzen im Meeting, hören mit einem Ohr zu und sind dann zu ihrem Agenda-Punkt präsent.

Wichtig ist nur eine Sache: die anderen im Meeting dürfen nicht gestört werden. Und damit fallen natürlich Telefonate im Meeting raus. 

Und in Online-Meetings können wir es ja eh nicht mehr kontrollieren, ob jemand an seinem Computer etwas macht, was nicht zum Meeting gehört. 

Wir müssen uns immer im Klaren sein, was die Ursache von Ablenkungen ist: ein komplett langweiliges Meeting. Gestalten wir unsere Meetings also so, dass keine Langeweile entsteht, dann haben wir auch keine Probleme mit Ablenkungen!


Das Protokoll

Beim Protokoll ist für mich der wichtigste Grundsatz, das Protokoll immer während des Meetings zu führen und am Ende des Meetings mit allen Anwesenden zu beschließen. Beenden Sie niemals ein Meeting ohne abgestimmtes Ergebnis, das schriftlich in einem Protokoll festgehalten ist. Hüten sie sich davor, ein Protokoll nach dem Meeting zu erstellen und dann an alle Teilnehmenden zu schicken. Das endet immer mit einem wilden Kommunikations-Ping-Pong, weil jeder etwas anderes im Gedächtnis hat oder einen Punkt gerne anders beschrieben hätte. Diese nachträgliche Abstimmung ist auf meiner Hitliste der sinnlosen Tätigkeiten sehr weit oben!

Wenn sie also eine Agenda haben, sollten Sie diese gleichzeitig als Protokoll nutzen und zum Abschluss eines jeden Punkts zusammen mit allen ein kurzes Ergebnis formulieren. Protokollieren Sie keine Wortbeiträge, nur damit jemand nach 6 Monaten nachweisen kann „hab ich ja damals gleich gesagt…“.

Mit diesem Vorgehen haben sie zudem einen klaren roten Faden im Meeting. Denn sie gehen erst zum nächsten Agenda-Punkt, wenn für den letzten das Ergebnis für alle zufriedenstellend beschrieben ist. Und das Meeting kann dann enden, wenn das Ergebnis des letzten Agenda-Punkts beschrieben ist.  So stellen sie sicher, dass für alle Teilnehmenden das Meeting gleich beurteilt wird.

Offene Punkte müssen immer die Standardfrage des Projektmanagements beantworten: „wer macht wann was?“. D.h. jeder OP ist immer einer anwesenden Person zugewiesen (keiner Gruppe oder Abteilung). Jeder OP hat immer einen Fälligkeitszeitpunkt. Und jeder OP beschreibt immer eindeutig das Ergebnis, das die Person zu diesem Termin erreicht haben muss.

Dann legen Sie bitte das Protokoll so ab, dass jeder darauf ungehinderten Zugriff hat. 

Ergänzen Sie das Protokoll um alle besprochenen Dokumente, Präsentationen und sonstigen Unterlagen. Machen Sie Fotos von Whiteboards oder was immer sie als Medium benutzt haben. Die Agenda muss die Ergebnisse des Meetings vollständig abbilden, das ist wichtig. So fühlt sich auch niemand genötigt, für sich eigene Dokumente festzuhalten. Hier gilt der wichtigste Ordnungsgrundsatz: EIN Ort für eine Information!


Die „OP-Listen-Falle“ bei Endlosprotokollen

Bei regelmäßigen Meetings sind Endlosprotokolle immer sehr beliebt. Man benutzt also immer das gleiche Dokument und fügt die neuen Protokoll-Einträge immer zu den alten hinzu. 

Unerträglich wird diese Art der Protokollierung allerdings dann, wenn alte OP’s nicht geschlossen werden können und dann bei jedem Meeting immer wieder hochpoppen und besprochen werden. Diese Art der Meetings waren die schlimmsten an denen ich teilgenommen habe! Immer wieder die gleichen OP’s. die man aus irgendeinem Grund noch nicht hat schließen können. Und wenn es um ein längeres Projekt geht, dann nimmt die Besprechung der alten OP’s immer mehr Platz ein und irgendwann bleibt keine Zeit mehr für die eigentlichen Ziele des Meetings - das ist extrem nervig und unwirksam! 

Hören sie auf damit. Es gibt kaum eine sinnlosere Beschäftigung. Wenn sie OP’s nicht schließen können, dann suspendieren sie sie. Und hören sie dann auf, diese jedesmal zu besprechen. 

Hier die Punkte kurz zusammengefaßt:

  • machen sie eine kurze Aufwärmrunde
  • starten sie in jedem Fall pünktlich und holen Sie sich eine gut sichtbare Uhr mit nervtötendem Alarmsignal
  • halten sie sich an die Regeln für angstfreie Umgebungen und klare Kommunikation 
  • sorgen Sie für gleichmäßige aber kontroverse Beteiligung,
  • machen Sie sich keine Sorgen um Ablenkungen, sondern gestalten Sie ihr Meeting so interessant, dass niemand auf die Idee kommt, sich ablenken zu müssen
  • Führen sie auf jeden Fall das Protokoll während des Meetings. Hüten Sie sich davor, Protokolle nach Abschluss des Meetings abstimmen zu müssen.

Probieren sie das doch mal aus! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!

Erzählen Sie doch mal, wie ihre Erfahrungen mit Meetings bei Ihnen im Unternehmen sind. Und wenn Sie Anregungen haben, freue ich mich über Ihre kritischen aber freundlichen Kommentare! 

Nächstes Mal besprechen wir mein letztes Prinzip für wirksame Meetings: Verpflichte!.


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Frank Feldhaus

Über den Autor

Berater für Führung und Organisation.

Ärgert sich über alles was nicht funktioniert. Weiß aber, dass Perfektion schrecklich langweilig ist und dass wir Probleme brauchen, um daran zu wachsen. Ein ewiger Widerspruch...


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