Zeichen nicht mehr zukunftssicherer Organisationen #1: das Warum nicht kennen

02. Sep 19

Bestehende Organisationen werden immer mehr bedroht durch disruptive Wettbewerber und schnelle Marktveränderungen. In den vergangenen 50 Jahren haben wir uns hauptsächlich damit beschäftigt, unsere Organisationen auf Effizienz zu trimmen. Wir haben also das, was wir schon können, immer weiter optimiert. Das hat auch gut funktioniert.

Was wir aber heute brauchen ist, auf Impulse von außen rechtzeitig und korrekt zu reagieren.

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Wir wissen zum Beispiel seit ca. 15 Jahren, dass nicht mehr so viele Kinder geboren werden. Und dennoch fällt uns heute schlagartig auf, dass wir Probleme mit der Rekrutierung von Nachwuchskräften haben. Das ist Problem Nr. 1: fehlende Voraussicht.

Und wie reagieren wir darauf? Wir nutzen unsere bekannten Instrumente (Stellenanzeigen) und beklagen uns, dass es nicht funktioniert. Das ist Problem Nr. 2: der Versuch, neue Probleme mit alten Werkzeugen lösen zu wollen.

Ich möchte in dieser kleinen Artikelserie ein paar Punkte beschreiben, die mir in der letzten Zeit vermehrt aufgefallen sind. 

#1: Das Warum nicht kennen

Das fehlende Wissen um das Warum eines Unternehmens ist heute gerade bei der jüngeren Generation der größte Motivationskiller! Sinnlose Arbeit kann sogar krank machen
Spätestens nach dem TED-Auftritt von Simon Sinek fragen wir uns: wie um alles in der Welt konnten Unternehmen ohne ein definiertes „Warum“ bislang überleben??? Viele HR-Manager alteingesessener Unternehmen reiben sich verwundert die Augen, wenn sie von jungen Bewerbern nach dem „Warum“ ihres Unternehmens gefragt werden.

These ist klar: Das „Warum“ unterscheidet von Mitbewerbern, schafft Klarheit für Entscheidungen, trennt das Wichtige vom Umwichtigen, bringt Kraft für holperige Wegstrecken und kann die ganze Organisation zusammen schweißen.

Ohne ein „Warum“ dagegen mutiert eine Organisation leicht zu blutleeren Zombies: Jeder macht zwar seine Arbeit, aber ohne Hingabe, ohne Freude, ohne (Achtung, Wortspiel:) Biss.

Früher hat sich kein Mensch um das „Warum“ seines Unternehmens geschert. Was ist heute so anders geworden?

Junge Menschen beschäftigen sich heute viel mehr mit Fragen nach Sinn, Nachhaltigkeit und Persönlichkeitsentwicklung. Sie können meist die Frage beantworten wer sie sind, wofür sie stehen und was gut für sie und die Gesellschaft um sie herum ist. Mit diesen Antworten bildet sich ein individuelles „Warum“. Und mit diesem Wissen suchen sie ein passendes Unternehmen für ihre berufliche Tätigkeit. Unternehmen, bei denen sich keine Passung entdecken lässt (weil die Unternehmens-Persönlichkeit und damit das „Warum“ nicht definiert ist) fallen dann genauso schnell aus der Jobsuche wie ein Unternehmen mit negativer Passung.

Darum wird es für Unternehmen ohne ein definiertes „Warum“ in Zukunft schwer werden, junge Führungskräfte zu akquirieren. Früher musste der Bewerber im Bewerbungsgespräch sagen, warum er denn in dem Unternehmen arbeiten möchte. Heute muss ein Unternehmen bereits vor dem Bewerbungsgespräch potentiellen Mitarbeitern ihr „Warum“ vermitteln, weil es sonst überhaupt nicht zu einem Bewerbungsgespräch kommt.

Kurz gesagt: Ohne Sinn keine Zukunft!

Die quälende Suche nach dem eigenen „Warum“

Das eigentliche „Warum“ vieler Organisationen liegt oft schlicht im Freiheitsdrang ihrer Gründer. Sie wollten lieber etwas Eigenes haben als ihr Leben im fremdbestimmten Hamsterrad zu fristen. Dieses „Warum“ findet man in natürlich in keiner Unternehmensdarstellung. Und kein Mitarbeiter würde Montag morgens von diesem „Warum“ wie elektrisiert zur Arbeit fahren um den Tag reißen.

Einige Unternehmen finden sich ohne eigenes „Warum“ so nackt, dass sie Marketingagenturen mit der Definition beauftragen. Das endet dann meist in einem künstlich aufgesetztem, austauschbaren und vor allem unehrlichen Unternehmensleitbild, das mit dem Unternehmen nicht mehr viel zu tun hat und lediglich aus einer Aneinanderreihung toter Worte besteht. Ein Unternehmens-„Warum“ aber sollte leben und gelebt werden. Unehrliche Unternehmensleitbilder haben eine stark abstoßende Wirkung auf Mitarbeiter und potentielle Bewerber. Einen sehr guten Artikel dazu habe ich bei Brand Eins gefunden.

Die Lösung liegt bereits vor Ihnen!

Die Definition eines eigenen Unternehmens-„Warum“ ist gar nicht so schwer: Ich habe festgestellt, dass es in vielen Unternehmen ein unterschwelliges „Warum“ gibt. Bei der Gründung gab es einige Punkte, in denen man anders sein wollte als der Wettbewerb. Sei es eine tolle Produktidee, eine besonders hohe Produktqualität, hohe Zuverlässigkeit, schnelle Lieferkette, besonders Know-How für Spezialfälle oder ein besonders niedriger Preis.

Die Unternehmenspersönlicheit

Im Laufe der Zeit hat sich zudem eine eigene Unternehmenspersönlichkeit gebildet. Das merke ich als Externer immer, wenn ich von Mitarbeitern eines Unternehmens zu hören bekomme: „...das macht man bei uns so nicht“ oder „...wir machen das immer so:...“. Die Unternehmenspersönlichkeit kann den respektvollen Umgang untereinander und mit Kunden / Lieferanten beinhalten, z.B. wenn Lieferantenrechnungen immer sofort nach Eingang bezahlt werden. Dass keine vorschnellen Lieferversprechen gemacht werden, aber wenn sie dann getroffen werden, sie absolut zuverlässig sind. Oder dass am Ende des Jahres 10 % des Gewinns für das Kinderhospitz im Ort gespendet wird.

Diese Unternehmenspersönlichkeit beschreibt zwar eher das „Wie“ (um bei dem Bild von Simon Senek zu bleiben), skizziert aber die Unternehmenswerte. Und das ist schon mal ein guter Weg hin zum „Warum“!

Tipp:

Wenn Ihr Unternehmen kein „Warum“ hat: Halten Sie die Persönlichkeit ihres Unternehmens schriftlich fest. Am besten mit ihren Mitarbeitern, noch besser mit ihren neuen Mitarbeitern, die den Unterschied noch besser im Blick haben.


Diese Unternehmenspersönlichkeit skizziert ihre Unternehmenswerte und ist damit der erste Schritt zu einem starken „Warum“!

"Sinn ist die Verwirklichung von Werten".
Viktor Frankl


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Frank Feldhaus

Über den Autor

Berater für Führung und Organisation.

Ärgert sich über alles was nicht funktioniert. Weiß aber, dass Perfektion schrecklich langweilig ist und dass wir Probleme brauchen, um daran zu wachsen. Ein ewiger Widerspruch...


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